
Kahlschlag bei Bosch – jeder fünfte Job in Deutschland fällt weg
Hartung führt Bosch seit Ende 2021 und steht aktuell vor einer Herkulesaufgabe. Der weltgrößte Autozulieferer streicht bis 2030 rund 22.000 Stellen in der Mobility-Sparte, weitere 2400 Jobs fallen in der Hausgerätesparte BSH weg, dazu kommen Werksschließungen wie in Leinfelden. Insgesamt verschwindet fast jeder fünfte Arbeitsplatz in Deutschland – der größte Stellenabbau in der Unternehmensgeschichte.
Offiziell begründet Hartung den Schritt mit Überkapazitäten und dem Zwang, die Kosten jährlich um 2,5 Milliarden Euro zu senken. „Wir müssen die finanzielle Unabhängigkeit von Bosch sichern“, sagte er zuletzt auf einer Branchenkonferenz. Für die Belegschaft, die noch immer an das Bild der „Bosch-Familie“ glaubt, ist der Sparkurs jedoch ein Schock – Proteste in mehreren Werken sind bereits im Gange.
Vertrag verlängert – trotz Widerstands und Vertrauenskrise
Dass Hartung ausgerechnet jetzt verlängert wird, dürfte für Unmut sorgen. Doch die Industrietreuhand, die als Eigentümerin fungiert, steht hinter ihm. Der Aufsichtsratsvorsitzende Stefan Asenkerschbaumer, früher selbst Finanzchef, lobt Hartungs „strategischen Weitblick“ – auch wenn die Maßnahmen schmerzhaft sind.
Kritiker verweisen dagegen auf die sozialen Kosten: Allein 2024 bildete Bosch 1,6 Milliarden Euro für Abfindungen und Vorruhestandsregelungen. Für 2025 dürfte die Summe weiter steigen. Betriebsbedingte Kündigungen sind bis Ende 2029 zwar ausgeschlossen – aber die Stimmung in der Belegschaft ist angespannt.
Zukunftsplan: Vom Autozulieferer zum Softwarekonzern
Hartung will Bosch radikal umbauen – weg vom klassischen Autozulieferer hin zum Software- und Elektronikkonzern. „Das Auto 2035 wird mit dem von heute so viel zu tun haben wie der Computer mit der Schreibmaschine“, sagte er auf der IAA in München. Künftig soll Software zuerst entwickelt werden – die Hardware folgt.
Doch die Realität ist widersprüchlich: Das Ziel von 50.000 Softwareentwicklern wurde gestrichen, stattdessen werden Tausende Programmierer entlassen. Hartung begründet das mit Projektverschiebungen, Insider sprechen von zu hohen Lohnkosten in Deutschland.
Zwischen Tradition und Transformation
Parallel investiert Bosch Milliarden in Zukunftsbereiche – etwa acht Milliarden Dollar für den Zukauf der Klimatechnik von Johnson Controls und 1,9 Milliarden Dollar in eine Chipfabrik in den USA. In Deutschland hingegen wird gespart.
Für Hartung ist klar: Bosch soll in Zukunft sowohl Hardware als auch Software liefern – und damit gegenüber US-Giganten wie Nvidia oder Qualcomm bestehen. Denn die Gefahr ist real: Sollte Nvidia mit seiner Plattform fürs autonome Fahren Erfolg haben, droht Bosch zum reinen Zulieferer ohne Steuerungskompetenz zu werden.
Fazit:
Hartungs Vertrag bis 2031 ist ein Signal der Stabilität – aber auch ein Wagnis. Er steht für den Versuch, Bosch neu zu erfinden, während das alte Geschäftsmodell bröckelt. Ob der Balanceakt zwischen sozialem Frieden, Kostenkürzungen und digitaler Neuausrichtung gelingt, entscheidet über die Zukunft des 139 Jahre alten Traditionskonzerns.