
Das „Capitulation Signal“ für Hochzinsanleihen erreichte vergangene Woche mit 91 % einen kritischen Schwellenwert. Damit liegt der Indikator auf dem höchsten Stand seit Oktober 2023. Die Marke von 100 % markiert den vollständigen Verkaufsdruck – ein Zustand, der zuletzt während der Pandemie und der Finanzkrise 2008 eintrat. Die Märkte scheinen auf dem Weg dorthin. Auslöser ist eine toxische Mischung aus Inflationssorgen, wachsender Rezessionsangst und neuen US-Zöllen.
Der Anstieg der 30-jährigen Treasury-Renditen unterstreicht die Unsicherheit. Normalerweise gelten US-Staatsanleihen als sicherer Hafen. Doch der übliche Reflex – Zuflucht in Langläufer bei Turbulenzen – greift derzeit nicht. Statt fallender Renditen sehen sich Anleger mit einem plötzlichen Renditeanstieg konfrontiert, was auf die wachsende Angst vor Stagflation und strukturellen Risiken hindeutet.
Parallel dazu steigen die Absicherungsaktivitäten im Junk-Bond-Segment rasant. Die Nachfrage nach Put-Optionen auf den iShares iBoxx High Yield Corporate Bond ETF erreichte laut Cboe Global Markets ein Allzeithoch. Für viele Unternehmen in den USA wird die Finanzierung zunehmend teurer – und riskanter. Portfoliomanager Ben Inker von GMO spricht von einer „wirtschaftlich toxischen Unsicherheit“, die strategische Entscheidungen lähmt und das Insolvenzrisiko erhöht.
Besonders auffällig: Die Mittelabflüsse bei Loan-ETFs. Allein am 4. April zogen Investoren 1,3 Milliarden US-Dollar aus Fonds ab, die in variabel verzinste Unternehmenskredite investieren – der höchste Tageswert seit Beginn der Erhebung, wie JPMorgan berichtet. Auch spezialisierte Fonds von Janus Henderson und Eldridge Capital, die auf synthetisch verbriefte Firmenkredite setzen, verloren binnen weniger Tage rund 3 %.
Und auch die Futuresmärkte zeigen erste Risse. Die Liquidität im Handel mit Treasury- und Aktienindex-Futures – gemessen an der Ordertiefe und Spread-Qualität – ist auf dem tiefsten Stand seit dem Corona-Crash 2020. Laut Quantitative Brokers haben sich viele Market Maker zurückgezogen, was die Märkte anfälliger für Schocks macht.
Was wie ein technisches Marktphänomen klingt, ist ein Frühindikator. In Kombination mit der nervösen Reaktion auf Trumps jüngste Zollpläne entsteht ein Bild wachsender systemischer Risiken – die sich längst nicht mehr nur auf Aktienkurse beschränken.