Volkswagen befindet sich derzeit in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage. Anfang September gab der Konzern bekannt, dass im Rahmen eines umfassenden Sparprogramms auch Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr ausgeschlossen werden können. Diese Maßnahmen sind Teil eines Restrukturierungsprozesses, um die Kostenbasis deutlich zu senken und die finanzielle Stabilität des Unternehmens zu sichern. Dabei hat Volkswagen sogar die mit dem Betriebsrat geschlossene Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung aufgekündigt, die ursprünglich betriebsbedingte Kündigungen bis 2029 ausgeschlossen hatte.
Besonders bei der Kernmarke von Volkswagen zeigen sich Probleme, die Konzernchef Oliver Blume auf den schrumpfenden europäischen Markt und die wachsende Konkurrenz aus Asien zurückführt. “Der Kuchen ist kleiner geworden und wir haben mehr Gäste am Tisch”, erklärte Blume kürzlich.
Vor diesem Hintergrund wirkt die geplante Milliarden-Investition in den US-Elektroautobauer Rivian widersprüchlich. Volkswagen hatte bereits grünes Licht von den Kartellbehörden erhalten, um in eine Kooperation mit Rivian einzusteigen. Die geplanten Investitionen belaufen sich auf bis zu fünf Milliarden Dollar, wobei die Zusammenarbeit sich zunächst auf Software und Netzwerktechnologie konzentrieren soll. Später sollen dann auch neue VW-Fahrzeuge auf Basis von Rivians Technologie entwickelt werden.
Diese Investitionspläne werfen Fragen auf, insbesondere vor dem Hintergrund der anstehenden Sparmaßnahmen. Tesla-Chef Elon Musk ließ es sich nicht nehmen, öffentlich auf der Plattform „X“ zu spekulieren, wo Volkswagen das Geld für dieses Vorhaben hernehmen wolle, während im Heimatmarkt Arbeitsplätze auf dem Spiel stünden.
Rivian selbst steht vor großen Herausforderungen. Tesla und Musk haben in der Vergangenheit wiederholt Kritik an dem US-Konkurrenten geübt, zuletzt wegen enttäuschender Quartalszahlen. Musk prophezeite dem Unternehmen gar eine drohende Insolvenz, sollte sich der negative Cashflow nicht bald umkehren.
Doch durch die Kooperation mit Volkswagen könnte Rivian das nötige Kapital erhalten, um die Skalierung seiner Massenproduktion erfolgreich umzusetzen. Analysten wie George Gianarikas von Canaccord sehen den Deal als potenziellen Wendepunkt für Rivian, der dem Unternehmen helfen könnte, die operative Effizienz zu steigern und seine Produktpalette zu erweitern.
Auf der anderen Seite könnte Volkswagen durch die Partnerschaft mit Rivian eine Lösung für das hauseigene Softwareproblem finden, das bislang durch die wenig erfolgreichen Bemühungen der Tochter Cariad geprägt war. Doch angesichts der prekären wirtschaftlichen Situation bleibt offen, wie Volkswagen die Milliarden-Investition rechtfertigen will, während es gleichzeitig massive Sparmaßnahmen plant.