
Ein unsichtbarer Gewinner des Konzerns
Während die Deutsche Bank unter Christian Sewing heute Stabilität, niedrigere Risiken und ein diversifiziertes Geschäftsmodell betont, existiert im Hintergrund ein Manager, der all das herausfordert: ein Investmentbanker, der mit einigen wenigen Transaktionen Milliarden bewegt – und Milliarden verdient.
Aus dem Umfeld des Konzerns heißt es, Shah sitze in Singapur, irgendwo in den gläsernen Türmen von Marina Bay. Die Bank selbst verweigert jede Auskunft – ein bemerkenswerter Kontrast zu seinem internen Einfluss. Insidern zufolge zählt er seit Jahren zu den wenigen Personen, die im globalen Handel mit Krediten, Anleihen und Spezialfinanzierungen außergewöhnliche Ergebnisse abliefern.
Die Gegengeschichte zum offiziellen Image
Die Deutsche Bank präsentiert sich seit Sewings Amtsantritt als geerdetes Institut: weniger Skandale, weniger toxische Geschäfte, mehr Stabilität. 2025 könnte der Konzern knapp sieben Milliarden Euro Gewinn einfahren – ein Comeback, das viele nicht für möglich gehalten hätten.
Doch ein Blick auf die Ertragsstruktur zeigt: Die alte Abhängigkeit lebt weiter. Ein großer Teil der starken Ergebnisse stammt aus Bereichen, in denen einzelne „Rainmaker“ wie Shah dominieren – Manager, die mit hochkomplexen Kreditstrukturen und Distressed-Deals enorme Gewinne erzielen. Wer in der Bank dazu befragt wird, reagiert mit Schulterzucken oder Schweigen.
Der Aufstieg eines Unbekannten
Zum ersten Mal taucht Shah Mitte der 2000er-Jahre im Umfeld der Deutschen Bank auf, damals noch im asiatischen Kredithandel, später im globalen Geschäft für Unternehmensschulden. Spätestens 2015 übernimmt er die Verantwortung für den weltweiten Kredithandel – ein Bereich voller technischer Komplexität, hoher Risiken und potenziell spektakulärer Gewinne.
Ehemalige Kollegen beschreiben ihn als analytisch, ruhig, fast bescheiden. Ein Mann, der weniger durch Rampenlicht als durch Zahlen auffällt – und genau darin besonders gefährlich erfolgreich ist.
Milliarden mit einem einzigen Deal
Wie groß seine Finanzkraft ist, zeigt ein Fall, den internationale Medien bereits vor einigen Jahren beschrieben haben: die kriselnde israelische Reederei Zim Shipping. Die Deutsche Bank kaufte damals – mutmaßlich unter der Verantwortung von Shahs Teams – Anleihen und Kredite zu extrem niedrigen Preisen und erwarb gleichzeitig Beteiligungen an der Firma.
Als Zim sich erholte, explodierte der Wert dieser Positionen. Allein dieser eine Vorgang soll der Deutschen Bank rund eine Milliarde Dollar Gewinn gebracht haben. Das Risiko? Ebenfalls gigantisch. Die Transparenz? Gegen null. Offizielle Kommentare? Keine.
Neue Erfolge, neue Fragen
In den vergangenen Monaten sollen Shahs Teams erneut hohe Gewinne in den USA eingefahren haben, diesmal mit notleidenden Anleihen eines Techunternehmens. Und auch in Europa tauchte sein Name im Zusammenhang mit dem spanischen Stahlkonzern Celsa auf – einer Firma, deren Schulden die Deutsche Bank offenbar günstig aufkaufte, bevor diese in Aktien umgewandelt wurden.
Was die Bank dazu sagt? Nichts. Kein Kommentar zu Personen, kein Kommentar zu Risiken, keine Bewertung der Transaktionen.
Ein Mann, der zum Mythos geworden ist
Je näher man Chetankumar Shah kommt, desto mehr verschwimmt das Bild. Ein Top-Performer ohne öffentliches Profil. Ein Manager, der Deals orchestriert, die Milliarden bewegen, aber niemandem vorgestellt wird. Ein Leistungsträger, dessen Name weder in Präsentationen noch auf Investorentagen fällt.
In einer Bank, die sich bemüht, ihr altes Investmentbank-Erbe abzustreifen, steht Shah sinnbildlich für eine zweite Realität: Die Deutsche Bank mag nach außen Wandel predigen – doch im Kern ist sie weiter auf jene angewiesen, die im Schatten arbeiten und in Momenten extrem hoher Unsicherheit extrem hohe Gewinne einfahren.
Auf dem Investorentag wird man über Retailbanken, Firmenkunden und Strategie reden. Über Chetankumar Shah – den vielleicht wichtigsten Banker, den niemand kennt – wird man dagegen wohl wieder nichts hören.