Job-Hugging statt Job-Hopping – Warum viele unzufriedene Arbeitnehmer nicht mehr kündigen

Was früher „Job-Hopping“ war, ist heute oft das Gegenteil: „Job-Hugging“ – das Festklammern an einer Stelle, die weder erfüllt noch Perspektiven bietet. Arbeitnehmer lächeln nach außen, leisten solide Arbeit, doch innerlich haben viele längst aufgegeben. „Viele Menschen wahren den Schein von Engagement – nicht, weil sie begeistert sind, sondern weil sie sich Sicherheit wünschen“, sagt Coachin und Wirtschaftspsychologin Saskia Bülow.

Die wirtschaftliche Lage verstärkt diesen Trend: Stellenabbau bei Bosch, Lufthansa und VW, steigende Mieten und weniger offene Jobs sorgen dafür, dass viele lieber bleiben, wo sie sind. Eine Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt: Seit der Pandemie ist die Wechselbereitschaft deutlich gesunken. Jeder fünfte Beschäftigte möchte trotz Unzufriedenheit nicht kündigen – besonders oft junge Arbeitnehmer der Generation Z.

Doch Loyalität ist nicht immer ein gutes Zeichen. „Ein Team voller Hugger kippt gefährlich in Richtung Stillstand“, warnt Hans Rusinek, Arbeitsforscher an der Universität St. Gallen. Hinter der Fassade lauert Erschöpfung, fehlende Innovation – und bei vielen das, was Experten „Quiet Cracking“ nennen: das langsame Zerbrechen an der eigenen Unzufriedenheit.

Die Folgen sind messbar: Laut AOK-Fehlzeitenreport führen Jobfrust und Dauerstress zu Schlafproblemen, Kopfschmerzen und Depressionen. Wer zu lange bleibt, riskiert berufliche Stagnation und verpasst Chancen auf Weiterentwicklung. Karriereberater empfehlen, spätestens nach fünf Jahren über einen Wechsel nachzudenken.

Führungskräfte stehen vor der Aufgabe, Job-Hugger rechtzeitig zu erkennen und zurückzugewinnen. Signale sind etwa Rückzug, fehlende Eigeninitiative oder steigender Stress. „Es braucht offene Gespräche, neue Perspektiven und die Chance, Verantwortung zu übernehmen“, so Bülow. Auch Weiterbildungen, flexible Arbeitszeiten und neue Projekte können helfen, den Stillstand zu durchbrechen – und das Feuer im Job wieder zu entfachen.

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