
Vom Magellan-Wunderkind zum frühen Ruheständler
Lynch führte den Magellan Fund von Fidelity in den 1970er- bis späten 1980er-Jahren zu legendären Renditen. Unter seiner Führung wuchs das Fondsvermögen von rund 20 Millionen US-Dollar auf beeindruckende 14 Milliarden US-Dollar – ein Rekordlauf, der Lynch bereits mit 46 Jahren den vorzeitigen Ruhestand ermöglichte.
Der Ansatz des Investors war klar: Value-Investing. Lynch suchte profitabel bewertete, gut verständliche Unternehmen, deren Geschäftsmodelle solide und deren Management verlässlich war. Wachstumsorientierte, damals noch spekulative Techunternehmen passten selten in dieses Raster.
Apple: Das Investment, das „nicht schwer zu verstehen“ war
Dass er Apple ignorierte, gehört für Lynch heute zu seinen größten Fehlentscheidungen. Das Unternehmen sei keineswegs kompliziert gewesen, sagt er rückblickend: „Apple war nicht schwer zu verstehen. Wie dumm war ich?“ Die Bilanz sei stark gewesen, die Margen beeindruckend – und selbst die eigene Tochter war begeisterte iPod-Nutzerin.
Der technologische Wandel und die Durchschlagskraft der Marke wären also gute Gründe für einen Einstieg gewesen. Doch Lynch blieb an der Seitenlinie – und verpasste einen der größten Börsenerfolge der vergangenen Jahrzehnte.
Selbst Warren Buffett, der Apple lange mied, korrigierte seine Einschätzung später. 2016 stieg Berkshire Hathaway erstmals ein; heute ist Apple Buffets wichtigste und größte Einzelposition.
NVIDIA: Die zweite verpasste Chance
Neben Apple nennt Lynch auch NVIDIA als verpasste Jahrhundertchance. „NVIDIA war eine riesige Aktie – ich wünschte, ich könnte es aussprechen“, scherzte er gegenüber CNBC. Die explosive Entwicklung des Chipkonzerns, der inzwischen einer der wertvollsten Technologieanbieter der Welt ist, lag außerhalb seines damaligen Beuteschemas.
Auch hier zeigt sich eine Parallele zu Buffett: NVIDIA fehlt bis heute im Berkshire-Depot. Ein kurzer Ausflug in die Chipbranche über TSMC endete bei Buffett schnell wieder im Rückzug – eine Entscheidung, über die auch heute noch viel spekuliert wird.
Ein Lehrstück für Anleger
Die Offenheit der Investmentlegende zeigt: Selbst die erfolgreichsten Fondsmanager verpassen Chancen – und genau daraus lässt sich lernen. Die Welt der Technologieaktien ist schwer vorherzusehen, aber sie prägt die Börse wie kaum ein anderer Sektor. Lynch selbst hat es in wenigen Worten zusammengefasst: Nicht jedes gute Unternehmen ist automatisch ein verständliches Investment – doch manchmal lohnt sich ein Blick über die eigene Bewertungslogik hinaus.
Für Anleger ist die Botschaft klar: Auch Legenden irren. Entscheidend ist nicht Perfektion – sondern das Erkennen der nächsten großen Gelegenheit.