
Industrie-PMI bleibt im Minus – Dienstleistungen verlieren überraschend an Kraft
Die jüngsten Zahlen aus Peking zeichnen ein bedrückendes Bild. Der offizielle Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe steigt im November zwar leicht von 49,0 auf 49,2 Punkte. Doch er bleibt klar unterhalb der 50-Punkte-Grenze, die Wachstum von Schrumpfung trennt. Damit erlebt Chinas Industrie bereits den achten Monat in Folge eine Phase rückläufiger Aktivität.
Noch alarmierender fällt der Blick auf den Dienstleistungs- und Bausektor aus. Der entsprechende Index fällt von 50,1 auf 49,5 Punkte und rutscht damit erstmals seit Ende 2022 wieder in den negativen Bereich. Besonders bemerkenswert: Auch der traditionell robustere Konsumdienstleistungsbereich verliert an Schwung.
Als Grund verweist das Statistikamt auf den abflauenden Nachfrageschub nach der „Goldenen Woche“ im Oktober. Zwar zog die Zahl neuer Bestellungen leicht an, doch auch sie blieben insgesamt im Schrumpfungsbereich.
Wirtschaftspolitik in der Zwickmühle: Reformen oder Stimulus?
Die Daten zeigen, wie schwer sich China mit einer nachhaltigen Erholung tut. Neben der schwachen Inlandsnachfrage drücken der Handelsstreit mit den USA, eine fragile Weltkonjunktur und vor allem die ungelöste Immobilienkrise. Letztere zieht sich wie ein roter Faden durch nahezu alle Konjunkturindikatoren.
Für Peking stellt sich nun erneut die strategische Frage: Soll die Führung konsequent strukturelle Reformen angehen – oder mit zusätzlichen Konjunkturhilfen die Binnennachfrage stützen? Zwar hat die Regierung erst vor wenigen Tagen ein Maßnahmenpaket zum Konsumanschub vorgelegt, doch Experten zweifeln an dessen Wirksamkeit.
Ökonom aus Shanghai: „Ohne starke Impulse bleibt die Trendwende aus“
Der Shanghaier Wirtschaftsprofessor Zhu Tian warnt, dass der aktuelle Kurs nicht ausreichen werde, um die Wirtschaft zu stabilisieren. Die Immobilienkrise belaste Haushalte und Konsum in einem Ausmaß, das deutlich stärker sei als viele annehmen.
Zhu schlägt daher ein unkonventionelles Instrument vor: eine einmalige landesweite Verteilung von Konsumgutscheinen im Wert von 3000 Yuan pro Einwohner – rund 370 Euro. Seinen Berechnungen zufolge ließe sich damit ein zusätzliches Konsumvolumen von bis zu zwei Billionen Yuan auslösen, was etwa 258 Milliarden Euro entspricht. Selbst bei vorsichtiger Annahme, dass nur die Hälfte der Gutscheine ausgegeben wird, könne dies die Wirtschaftsleistung um rund 1,5 Prozentpunkte erhöhen.
Provinzen testen bereits Gutscheine – doch der Effekt bleibt minimal
Tatsächlich haben mehrere Städte und Provinzen in den vergangenen Jahren bereits mit Konsumgutscheinen experimentiert. Laut Zhu waren diese Programme jedoch viel zu kleinteilig, um eine spürbare Wirkung zu entfalten. Entscheidend sei die Größenordnung – und die bisherige sei schlicht zu gering.
„Die bisherigen Aktionen verpuffen, weil sie makroökonomisch keine Hebelwirkung haben“, erklärte Zhu bei einem Pressegespräch in Shanghai. Nur ein landesweiter, deutlich größerer Ansatz könne die Verbraucherstimmung stabilisieren und die Abwärtsspirale durchbrechen.