Die Fähigkeit Körpersprache zu lesen ist ein Plus an Menschenkenntnis und lässt sich in eigener Sache nutzen.
Körpersprache lesen: unvermeidlich und überall präsent
Es ist schlichtweg unmöglich, keine nonverbalen Signale auszusenden. Selbst das bekannte Pokerface gibt ein klares Statement ab: „Ich lasse mir nicht in die Karten schauen“. Auch wie jemand auf dem Boden steht, ob er sich am Kopf kratzt oder ständig mit den Füßen wippt – all diese versteckten Botschaften haben eine Wirkung auf den Beobachter, und zwar in erheblichem Maß, wenn er die Körpersprache lesen kann.
Studien zufolge liegt der Anteil nonverbaler Signale an der Kommunikation bei bis zu 80 Prozent. Interessant dabei: Dieser Part des Informationsaustausches läuft in der Regel völlig unbewusst ab. Und das erstaunlich schnell. Der erste Eindruck etwa steht allein durch Wahrnehmung der Mimik, Gestik und Körperhaltung innerhalb weniger Sekunden fest. Grund genug, sich ein wenig darin zu üben, die Körpersprache zu lesen. Dieses Wissen ermöglicht es zugleich, die eigenen nonverbalen Signale gezielter auszurichten.
Vielsagende Mimik
Ob jemand lächelt, die Stirn runzelt oder stur in eine Richtung schaut, erzielt eine jeweils gänzlich andere Wirkung, wenn man die Körpersprache lesen kann. Dabei ist man sich des eigenen Gesichtsausdrucks oft nicht einmal bewusst und setzt ihn aus Gewohnheit auf. Die gute Nachricht: Man kann seine Mimik aktiv verändern und damit die eigene Wirkung auf andere, jedoch auch auf sich selbst beeinflussen.
Selbst bei einem simulierten Lächeln werden bestimmte Muskeln im Gesicht aktiviert, die dem eigenen Gehirn vermitteln, dass derzeit Fröhlichkeit herrscht. Mit der Folge, dass das Glückshormon Serotonin ausgeschüttet wird. Ein lächelnder Mensch wirkt also nicht nur offener und sympathischer auf andere, sondern tut auch sich selbst einen Gefallen.
Bei den Augen stößt das körperliche Selbstmanagement dagegen an seine Grenzen. Insbesondere die Pupille ist unbestechlich. Niemand kann willentlich beeinflussen, ob sie sich weitet oder verengt. Zusätzlich zum Faktor Lichteinstrahlung (weite Pupillen im Dunkeln, enge bei Helligkeit) kann eine Veränderung folgende Gründe haben:
Weite Pupillen:
- Sympathie, Verliebtheit, sexuelles Interesse
- Angst
- Vergiftung mit Tollkirsche oder Kohlenstoffmonoxid
- Überdosierung bestimmter Arzneien (u. a. Parkinson-Medikamente, Antidepressiva)
- Drogenkonsum: Kokain
Enge Pupillen:
- Ekel und Abscheu
- Pilzvergiftung
- Drogenkonsum: Opiate wie Morphium und Heroin
Zudem deutet eine in kurzer Zeit häufig wechselnde Pupillenweite auf Müdigkeit hin. Unterschiedlich große Pupillen können unter anderem ein Zeichen für einen Schlaganfall, eine Augenverletzung oder einen Hirntumor sein – medizinische Notfälle, die man umgehend ärztlich abklären sollte.
Neben der Pupillenweite spielen der Blick und die Blickrichtung eine Rolle, wenn man die Körpersprache lese möchte. Wut macht sich durch einen direkten, nahezu starren Blick bemerkbar. Meist legt sich zugleich die Stirn in Falten. Ob die Blickrichtung nach rechts ein Zeichen für momentanes Lügen ist, bleibt weiterhin umstritten. Besteht ohnehin der Verdacht, dass jemand schwindelt, kann jedoch ein ungewöhnlich intensiver Augenkontakt darauf hinweisen, dass dem so ist (Signal, um quasi vorauseilend mögliche Zweifel an der Aussage zu zerstreuen).
Ein direkter Blickkontakt steht für Offenheit, Interesse und Freundlichkeit. Dauert er zu lange oder geht ins Fixieren über, kann das eine sehr unangenehme Wirkung auf das Gegenüber haben und wird als (versuchte) Dominanz interpretiert. Im Geschäftsleben, vor allem unter Konkurrenten, ist dieses Dominanzverhalten ebenso anzutreffen wie der übertrieben feste Händedruck. Das erklärt, dass direktes Anstarren auch als Aggression oder Übergriffigkeit gedeutet werden kann. Bricht hingegen jemand einen harmlosen, unaufdringlichen Blickkontakt ab, ist das ein Zeichen für Schüchternheit, Unsicherheit oder Desinteresse.
Körpersprache lesen: Gestik und Körperhaltung
Wer sein Gegenüber sympathisch findet, ahmt dessen Gesten oftmals unbewusst nach. Man denke an den Tisch im Café, an dem sich beide Freundinnen nach vorne beugen und die Köpfe zusammenstecken. Auch ein entspanntes Zurücklehnen im Stuhl wird gerne imitiert, wenn sich zwei Gesprächspartner miteinander wohlfühlen. Dafür verantwortlich sind Spiegelneuronen, die in der Regel bei Sympathie aktiviert werden.
Besonders interessant sind häufige Selbstberührungen. Sich an die Nase fassen, den Kopf kratzen, die Hände in den Nacken legen – diese Gesten werden sogar ohne Publikum ausgeführt, weil sie durch einen Mechanismus im Gehirn für Konzentration und Beruhigung sorgen. Demnach sind sie meist ein Zeichen für Stress.
Dominanz wird oftmals durch Abstandhalten signalisiert, wenn man die Körpersprache lesen möchte. Auch mit seinem Gesprächspartner im Stehen zu reden, während der andere sitzt, soll Überlegenheit demonstrieren.
Ein gesundes Selbstbewusstsein und ein extravertierter Charakter kann man aus der Körpersprache lesen, wenn ausladenden Gesten und eine lauten Stimme genutzt werden – man nimmt automatisch Raum ein. Gut erkennbar auch am buchstäblich festen Auftreten, an der aufrechten Haltung, der ruhigen Sprechweise und einer entspannten Mimik. Diese sogenannten Power-Gesten wirken auch auf die eigene Befindlichkeit zurück (Biofeedback).
Nonverbale Signale einstudieren?
Es ist durchaus möglich, seine Körpersprache zu verändern, um gewisse Effekte zu erzielen. In der Politik ist allerdings zu beobachten, dass diese Auftritte oft auf Kosten der Authentizität gehen. Wer dreißigmal hintereinander auf sein Rednerpult eindrischt, um Entschlossenheit zu demonstrieren, der wirkt schlichtweg unglaubwürdig.
Sinnvoll dagegen ist es, die eigenen Körpersignale kritisch unter die Lupe zu nehmen. Drücken sie mein Innenleben wirklich aus? Ein gleichgültiger Gesichtsausdruck kann pure Gewohnheit sein und ungewollt (wie auch unberechtigt) einen negativen Eindruck hinterlassen. Veränderungen sind leicht vor dem Spiegel zu trainieren.
Körpersprache lesen und Körpersignale im Kontext betrachten
Wer Körpersignale lesen möchte, sollte sie unbedingt im Kontext betrachten. Nur weil sich jemand einmal an die Nase fasst, hat er nicht zwangsläufig eine Menge Stress. Und verschränkte Arme müssen nicht immer Distanz signalisieren – ab und an ist diese Haltung einfach bequem; zudem entspannt sie die Schultern. Erst wenn mehrere Signale auf eine bestimmte Gefühlslage hindeuten, liegt eine gewisse Aussagekraft vor. Dessen ungeachtet erweitert es die Menschenkenntnis, auf Körpersignale bei anderen und auch bei sich selbst intensiver zu achten.