
Rund 15 Milliarden Euro Tabaksteuer fließen jährlich in den deutschen Staatshaushalt, hinzu kommen fast fünf Milliarden Euro Mehrwertsteuer. Begründet wird die hohe Abgabenlast regelmäßig mit den angeblich enormen Gesundheitskosten durch Rauchen. Laut dem Deutschen Krebsforschungszentrum summieren sich diese auf rund 98 Milliarden Euro im Jahr – eine Zahl, die seit Jahren als Argument für Steuererhöhungen dient.
Doch eine Studie des Karlsruher Instituts für Technologie stellt diese Annahmen auf den Kopf. Volkswirt Berthold Wigger, Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Finanzministeriums, sieht in den bisherigen Berechnungen ein „verzerrtes Bild“. Der Grund: Die meisten Studien ignorierten, dass Raucher im Durchschnitt früher sterben – und damit deutlich weniger Renten- und Pflegekosten verursachen.
Wiggers Modellrechnung auf Basis realer Bevölkerungsdaten zeigt, dass die reale Bevölkerung – also inklusive Raucher – dem Staat über den Lebenszyklus hinweg rund 36 Milliarden Euro spart. Der sogenannte „Death Benefit“-Effekt kompensiere alle anderen Belastungen, heißt es in der Analyse. Kurz gesagt: Wer früher stirbt, entlastet langfristig die Sozialkassen.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum widerspricht vehement. Volkswirt Tobias Effertz argumentiert, Raucher lebten heute länger krank und verursachten durch teure Therapien – etwa bei Lungen- oder Kehlkopfkrebs – immense Kosten für die Krankenkassen.
Trotz dieser Kontroverse bleibt die EU-Kommission bei ihrer Linie: Sie plant eine massive Erhöhung der Mindeststeuern auf Tabakprodukte. Laut Branchenverband könnte eine 20er-Schachtel bis 2028 bis zu 12,50 Euro kosten. Schon jetzt entfallen rund 62 Prozent des Preises auf Steuern – Tendenz steigend.
Ob solche Maßnahmen gesundheitspolitisch wirken, ist umstritten. Finanzpolitisch jedoch, so Wigger, „belasten Raucher die Gesellschaft nicht – sie finanzieren sie mit“.