
Der dänische Pharmakonzern Novo Nordisk, einst Europas wertvollstes Unternehmen, steht nach Jahren des Erfolgs vor einem tiefgreifenden Umbruch. Ein offener Machtkampf zwischen dem Aufsichtsrat und der dominanten Novo Foundation hat die Führungsstrukturen erschüttert. Mehr als die Hälfte des Boards, darunter Vorsitzender Helge Lund, tritt zurück – ein beispielloser Vorgang in der Geschichte des Unternehmens.
Auslöser des Konflikts ist ein Strategiestreit über die Zukunft des Konzerns. Die Stiftung, die rund drei Viertel der Stimmrechte hält, will den neuen Vorstandschef Maziar Mike Doustdar stützen, der nach dem Rücktritt von Langzeit-CEO Lars Fruergaard Jørgensen einen harten Sparkurs eingeschlagen hat. Das Management plant, rund 9.000 Stellen – etwa elf Prozent der Belegschaft – abzubauen und Forschungsprogramme außerhalb der margenstarken Kernbereiche zu streichen. Ziel: Effizienzsteigerung und Kostensenkung von rund 1,1 Milliarden Euro jährlich.
Der Strategiewechsel markiert eine Abkehr vom bisherigen Novo-Modell, das stark auf gesellschaftliche Verantwortung und Stabilität setzte. Stattdessen stehen nun Profitabilität und Marktanteile im Fokus. Besonders in den USA kämpft der Konzern mit Produktionsengpässen, regulatorischem Druck und wachsender Konkurrenz durch Eli Lilly. Hinzu kommt eine politische Belastung: US-Präsident Trump will die Preise für Diabetes- und Abnehmmittel auf 150 Dollar pro Monat deckeln – ein Risiko für die Margen.
Die Aktie spiegelt die Unsicherheit wider. Seit Jahresbeginn hat das Papier mehr als die Hälfte an Wert verloren und notiert mit rund 340 dänischen Kronen (47 Euro) weit unter dem Allzeithoch von über 1000 Kronen im Sommer 2024.
Trotz der Krise bleibt Novo Nordisk langfristig interessant. Zwölf von zwanzig Analysten empfehlen laut Bloomberg den Kauf oder ein Übergewichten. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 600 Kronen (rund 80 Euro). Die Deutsche Bank und HSBC verweisen auf die starke Marktstellung im Bereich Adipositas und Diabetes.
Kurzfristig dürfte die Aktie aber volatil bleiben. Der Ausgang des Machtkampfs zwischen Stiftung und Management wird entscheidend sein, ob Novo Nordisk zu alter Stärke zurückfindet – oder endgültig vom Symbol nordischer Stabilität zum Lehrstück über verpasste Chancen wird.