Wie das Konzept der Selbstorganisation funktioniert und welche Chancen es bietet, erklären wir im folgenden Beitrag.
Ein Blick in die klassischen Hierarchien
Wer an ein Unternehmen denkt, dem kommt zunächst einmal der Aufbau desselben in den Sinn. Auf einer breiten Basis thront eine kleine Spitze. In der Regel 90 bis 95 Prozent aller Angestellten sind daher um das Tagesgeschäft der Firma bemüht. Sie produzieren etwa Waren oder führen Leistungen aus. Demgegenüber steht ein vergleichsweise kleines Führungsteam aus Top-Managern. Hier geht es eher um die langfristige Gesamtausrichtung und die allgemeine Strategie des Unternehmens. Es liegt folglich eine klar erkennbare Struktur mit hierarchischem Aufbau vor, bei der es selbst nach Jahren oder Jahrzehnten kaum zu Veränderungen kommt. Zwar tauscht man einzelne Mitarbeiter aus – die zu besetzenden Positionen, deren Aufgabenbereich und deren Stellung innerhalb des Konzerns bleiben aber, anders bei der Selbstorganisation, weitgehend unangetastet.
Neue Chancen durch die Selbstorganisation
Das Manko dieses klassischen Unternehmensaufbaus liegt im Gegensatz zur Selbstorganisation darin, dass eine echte Mitbestimmung und eine Eigenverantwortung der meisten Angestellten kaum ermöglicht wird. Zwar stehen Chancen zur Weiterbildung und zum beruflichen Aufstieg offen – aber Kollegen, die im Tagesgeschäft der Firma agieren, unterscheiden sich auch weiterhin von den leitenden Geschäftsführern. Ein Missstand, den die Selbstorganisation beheben möchte: Sie setzt auf Teams mit wechselnden Mitarbeitern. Auf dieser Basis soll jeder Kollege früher oder später mit allen Tätigkeiten innerhalb des Unternehmens betraut sein. Die meisten der dabei anfallenden Aufgaben bewältigt der Mitarbeiter eigenverantwortlich. Einen Vorgesetzten, der bei der Lösung eines Problems hilft, gibt es hierbei folglich nicht. Ebenso fehlt es an starren Vorgaben, in deren Grenzen sich das Personal bewegen muss.
Die Abkehr vom festen System
Auf diese Weise erfindet sich das Unternehmen immer wieder neu. Mehr noch, es bleibt flexibel, um sich auf einem verändernden Markt behaupten zu können. Gleiches gilt für die Mitarbeiter, die nicht über Monate oder Jahre hinweg in einem bestimmten Arbeitsbereich stagnieren, sondern die sich durch den steten Wechsel ihrer täglichen Herausforderung innerhalb der Selbstorganisation weiterentwickeln können. Man konfrontiert sie in regelmäßigen Abständen mit neuen Problemen, für die sie eigenverantwortlich – und meist innerhalb eines Teams – eine Lösung entwerfen müssen. Einer höheren Ebene sind sie dabei weder Rede noch Rechenschaft schuldig. Das gesamte Prinzip der Selbstorganisation beruht also auf der Idee, dem einzelnen Angestellten stärker bei der Bewältigung der beruflichen Pflichten zu vertrauen. Er soll eigene Erfahrungen sammeln.
Selbstorganisation ist dem gemeinsamen Ziel verpflichtet
Natürlich stellen sich mit Blick auf die Selbstorganisation auch unterschiedliche Fragen. Wer ist letztlich eigentlich für Wohl und Wehe des Unternehmens verantwortlich? Ist die Abkehr von festen Regeln und eindeutigen Hierarchien nicht sogar schädlich? Wie ist zu verfahren, wenn ein Mitarbeiter innerhalb der Selbstorganisation seinen Aufgabenbereich nicht führen kann? Was ist zu tun, wenn er sogar zum Nachteil der Firma handelt? Demgegenüber steht die Erkenntnis, dass es sich bei der Selbstorganisation gewiss um keine Form der Anarchie handelt. Es gibt in der Regel eine übergeordnete Konzernstrategie und über Jahre hinweg definierte Ziele. An der Ausrichtung sind jedoch alle Kollegen beteiligt. Dieser in groben Zügen verfassten Ordnung sind die Angestellten unterworfen – sie vereinen sich darin, das gemeinsame Ziel zu erreichen.
Die Kommunikation als wesentliches Merkmal der Selbstorganisation
Das Konzept der Selbstorganisation beruht auf der Idee, die starren Hierarchien klassischer Unternehmen aufzubrechen – und damit auch für mehr Kommunikation und Transparenz zwischen den einzelnen Abteilungen zu sorgen. Erst dieser Austausch bezieht alle Angestellten in die Belange der Firma ein. Das ist die Basis für eine faire Mitbestimmung, bei der keine Meinung stärker oder schwächer als die anderer Personen gewichtet wird. Das Unternehmen liegt somit in den Händen der Belegschaft, die sich für die einzelnen Aufgaben in kleine Teams aufteilt. Eine Idee, die eine schnelle Anpassung an den Markt erlaubt, die zudem aber eine Auseinandersetzung mit allen sich einstellenden Problemen ermöglicht. Und das ohne Zeitverzug. Es entsteht innerhalb der Selbstorganisation eine Dynamik, die innerhalb sich in Bewegung befindender Branchen zum Erfolg führen kann.
Für jedes Unternehmen geeignet
Bei der Selbstorganisation mag es sich um eine neue Idee handeln. In ihr wird aber nicht weniger als die Zukunft im Business gesehen. Der Vorteil der Selbstorganisation: Das Konzept kann vom kleinen oder mittelständischen Betrieb bis hin zum global agierenden Konzern von jeder Unternehmensform übernommen werden. Wichtig dafür ist einzig das Vorliegen eines übergeordneten Handlungsplanes, aus dem sich das weitere Vorgehen ergibt und der alle Angestellten auf ein gemeinsames Ziel einschwört. Beim Recruiting neuer Mitarbeiter stoßen viele Firmen übrigens auf großes Interesse, wenn sie dem Bewerber eröffnen, dass sie selbstorganisiert geführt werden. Denn für den Einzelnen wächst damit ein Gestaltungsspielraum, den er in klassischen Unternehmen meist nicht mehr findet. Das damit steigende Maß an Verantwortung wird ebenfalls gerne übernommen.