
Im spanischen San Sebastián arbeitet Bayer an etwas, das bislang unmöglich schien: Parkinson mit einer einzigen Injektion zu behandeln. In den Laboren der Konzerntochter Viralgen, Teil des US-Unternehmens AskBio, wachsen unscheinbare Viren heran, die eines Tages Gene direkt ins menschliche Gehirn transportieren sollen. Dort sollen sie Nervenzellen zur Produktion des Botenstoffs Dopamin anregen – jener Substanz, deren Mangel die Krankheit verursacht.
„Seit fünfzig Jahren kein Fortschritt bei Parkinson“
Bayer-Chef Bill Anderson bringt die Dimension des Projekts auf den Punkt: „In den vergangenen fünfzig Jahren gab es keinen Fortschritt bei der Behandlung von Parkinson. Es wird Zeit.“ Das Pharmaunternehmen setzt auf Gentherapie als neuen Weg, Krankheiten an ihrer Ursache zu bekämpfen – nicht mit Tabletten, sondern mit gezielter Genkorrektur auf Zellebene.
Zell- und Gentherapien: Medizinische Hoffnung, wirtschaftliches Risiko
Der Ansatz klingt revolutionär, ist aber kompliziert und teuer. Jede Behandlung erfordert aufwendige biotechnologische Prozesse. In der Branche kursieren Preise im sechsstelligen Bereich pro Dosis. Novartis’ Zolgensma, eine Spritze gegen spinale Muskelatrophie, kostete bei Markteinführung über zwei Millionen Euro – ein Preis, der das Potenzial solcher Therapien ebenso zeigt wie ihre Grenzen.
Auch Bayers Tochter BlueRock arbeitet an einer zweiten Parkinson-Therapie: Dabei werden neue Nervenzellen direkt ins Gehirn implantiert. Die US-Zulassungsbehörde FDA hat im Sommer die finale Testphase mit 100 Patienten genehmigt. Ergebnisse werden 2029 erwartet. Die Kosten könnten bei rund 250.000 Euro pro Patient liegen – bezahlbar nur für schwere Fälle.
Von San Sebastián bis Berlin: Bayer baut Zukunft auf
Parallel investiert Bayer in Deutschland in ein neues Zentrum für Zell- und Gentherapie neben dem Berliner Pharmahauptquartier. Projektname: „Boston an der Spree“. Ab 2028 sollen dort Start-ups an neuen Biotechnologien forschen – und sie direkt klinisch erproben können.
Für Bayer ist das mehr als Forschung: Es ist ein Signal. Der Konzern will beweisen, dass Europa im Rennen um die Medizin der Zukunft noch mitspielen kann.
„Die Vorstellung, Parkinson zurückzudrehen“, sagt Pharma-Chef Stefan Oelrich, „erzeugt bei mir eine Gänsehaut.“