
Die großen Player im Bereich Künstliche Intelligenz setzen zunehmend auf den E-Commerce. OpenAI, Google, Microsoft und Perplexity haben in den vergangenen Monaten KI-Agenten und Chatbot-Funktionen vorgestellt, die nicht nur Produktsuchen erleichtern, sondern Bestellungen im Namen der Konsumenten eigenständig ausführen können. Damit verschiebt sich die Machtbalance im milliardenschweren Onlinehandel – Marken und Händler müssen ihre Strategien anpassen, um überhaupt noch sichtbar zu bleiben.
Besonders deutlich wird dieser Wandel bei Google: Fast 60 Prozent aller Suchanfragen in Europa enden laut Semrush inzwischen ohne Klick, da Nutzer bereits mit dem KI-generierten Überblick zufriedengestellt werden. Gartner prognostiziert deshalb einen Rückgang des traditionellen Suchvolumens um 25 Prozent bis 2025.
Um von Chatbots empfohlen zu werden, setzen Unternehmen zunehmend auf SEO-Maßnahmen, die über klassische Keyword-Optimierung hinausgehen. Dazu gehören längere URLs mit spezifischen Beschreibungen, technische Anpassungen wie Ladezeiten unter drei Sekunden sowie textbasierte Anzeigen auf reichweitenstarken Webseiten, die von Bots bevorzugt werden. Start-ups wie Refine oder Profound haben Geschäftsmodelle entwickelt, die genau diese neue Sichtbarkeit in Chatbot-Antworten überwachen.
OpenAI treibt die Kommerzialisierung besonders offensiv voran. Mit der Plattform Agent kann der KI-Dienstleister Einkäufe direkt im Browser abwickeln und bereitet eine integrierte Checkout-Funktion vor, über die Nutzer Transaktionen künftig ohne Umweg auf der ChatGPT-Oberfläche abschließen können. Auch Microsoft mit „Action“ und Perplexity mit dem neuen Comet-Browser setzen auf agentische Systeme, die Einkaufsprozesse automatisieren. Google wiederum hat eine Preis-Tracking-Funktion eingeführt, die Konsumenten bei Rabatten sofort informiert.
Doch die neue Welt des KI-Shoppings birgt für Händler erhebliche Risiken. Marken laufen Gefahr, dass Konsumenten gar nicht mehr auf ihre Webseiten gelangen, sondern nur noch über KI-Agenten kaufen. „AI agents stehlen den Kundenkontakt von der Marke“, warnte Profound-Mitgründer James Cadwallader. Medienagenturen wie Dept mahnen, dass Transaktionen künftig nicht mehr auf Amazon oder den eigenen Shops stattfinden könnten, sondern direkt in den Modellen selbst.
Die Folge: Händler müssen nicht nur um Sichtbarkeit ringen, sondern auch ihre Geschäftsmodelle anpassen – in einer Landschaft, in der die Agenten zunehmend direkt miteinander kommunizieren und Konsumenten aus dem Prozess drängen.