
Vom Partner zum Gegner
Was einst als Partnerschaft begann, ist längst zu einem der erbittertsten Technologiekonflikte Deutschlands geworden. Celonis wirft SAP vor, zentrale Softwarepatente seiner Process-Mining-Technologie verletzt zu haben – darunter Verfahren zur Prozessanalyse, Anomalieerkennung und Berechnung von Durchlaufzeiten.
Nach Informationen der WirtschaftsWoche reichte Celonis Klagen beim Eastern District of Texas, beim Einheitlichen Patentgericht der EU in München sowie beim Landgericht München ein. Besonders die Klage in Texas gilt als brisant: Der dortige Gerichtsbezirk ist bekannt für seine schnelle und patentinhaberfreundliche Rechtsprechung.
„Der Schutz unseres geistigen Eigentums ist unerlässlich“, erklärte ein Celonis-Sprecher. Man werde sich „nicht einschüchtern lassen“ und die eigenen Technologien energisch verteidigen.
SAP kontert mit eigener Klage
SAP weist die Vorwürfe zurück – und hat selbst längst juristische Geschütze aufgefahren. Bereits vergangene Woche verklagte der Walldorfer Konzern Celonis im US-Bundesstaat Delaware wegen mutmaßlicher Patentverletzungen. Es geht um vier US-Patente, die sich unter anderem auf Systeme zur Ereignisbenachrichtigung und Datenanalyse beziehen.
„Wir weisen die Vorwürfe entschieden zurück und werden unsere Innovationen schützen“, heißt es aus der SAP-Zentrale. Branchenkenner werten den Schritt als strategischen Gegenschlag – offenbar mit dem Ziel, Druck für eine außergerichtliche Einigung aufzubauen.
Der Streit um Signavio
Im Hintergrund schwelt ein tieferer Konflikt. Seit SAP im Jahr 2021 den Process-Mining-Anbieter Signavio übernommen hat – einst ein enger Celonis-Partner –, wirft Celonis dem DAX-Konzern unfaire Geschäftspraktiken vor. In den USA läuft seit Monaten eine weitere Klage, in der Celonis SAP Wettbewerbsverzerrung vorwirft.
Das Bezirksgericht in San Francisco hatte im Sommer den Großteil der Vorwürfe abgewiesen, doch Celonis legte nach. SAP reagierte prompt – mit der Patentklage in Delaware. Nun scheint die Eskalationsspirale unaufhaltsam.
„Ein guter Angriff ist die beste Verteidigung“
„Beide Seiten erhöhen den Druck, um ihre Verhandlungsposition zu stärken“, analysiert Patentrechtsexperte Florian Müller vom Branchendienst IP Fray. Celonis versuche mit seinen Gegenklagen, SAP zum Einlenken zu bewegen. „Ein guter Angriff ist in diesem Fall die beste Verteidigung.“
Sollte das texanische Gericht an seiner Praxis festhalten, könnte der Fall dort schneller vor Gericht kommen als die SAP-Klage in Delaware. Das birgt für beide Seiten hohe Risiken – und enorme Symbolkraft für die deutsche Softwarebranche.