
Als Paul Bellezza 2006 als Praktikant beim Videospielentwickler Riot Games begann, lautete eine seiner ersten Aufgaben: herauszufinden, was am Haupttitel des Unternehmens, League of Legends, nicht funktionierte. Gemeinsam mit anderen Praktikanten gab er kritisches Feedback – und wurde anschließend gebeten, mit am Spiel zu arbeiten, um es spielenswerter zu machen. Heute ist League of Legends eines der meistgespielten Spiele der Welt.
Dass Riot Games die Beiträge seiner „Gründungspraktikanten“ offen würdigt, ist eine Ausnahme. In vielen Unternehmen werden Ideen von Nachwuchskräften genutzt, ohne dass sie Anerkennung oder gar eine finanzielle Beteiligung erhalten. Rechtlich gesehen gehört geistiges Eigentum, das im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses entsteht, dem Arbeitgeber – doch das kann langfristig zum Nachteil für Unternehmen werden.
Ein kreativer Beitrag ohne Anerkennung kann frustrieren
Ein prominentes Beispiel ist Spotify Wrapped, das personalisierte Jahresrückblick-Feature des Streamingdienstes. 2020 behauptete die ehemalige Praktikantin Jewel Ham, sie habe 2019 an wichtigen Elementen der Funktion mitgearbeitet – etwa an interaktiven Features und Hashtags. Zwar beanspruchte sie nicht das Konzept an sich, doch als ihre Behauptung viral ging, war die öffentliche Kritik an Spotify groß.
Spotify erklärte daraufhin, dass Wrapped bereits seit 2015 existiere und betonte, das Praktikantenprogramm biete jungen Talenten wertvolle Erfahrungen. Ham selbst verzichtete auf weitere Kommentare, bemängelte aber generell, dass Praktikanten für innovative Ideen oft weder angemessen bezahlt noch an deren Erfolg beteiligt werden.
Wer profitiert vom geistigen Eigentum von Nachwuchskräften?
Laut Edward Arnold, Arbeitsrechtler bei CMS, haben Praktikanten und Junior-Mitarbeiter kaum juristische Möglichkeiten, eine Beteiligung an ihren Ideen durchzusetzen:
„Wenn Sie Ideen im Rahmen Ihrer Anstellung entwickeln, gehören sie dem Arbeitgeber. Die Frage ist, ob und wie dieser Sie belohnt.“
Doch während Unternehmen rechtlich am längeren Hebel sitzen, haben sie ethische Verpflichtungen, argumentiert Stefan Stern, Management-Professor an der Bayes Business School.
„Wer gute Ideen respektiert und wertschätzt, vermeidet den Eindruck der Ausbeutung.“ Wird ein Vorschlag zu einer marktfähigen Innovation, müsse das Unternehmen fair agieren – etwa durch offizielle Anerkennung oder Beteiligung an künftigen Umsätzen.
Ungenutztes Potenzial – und verlorene Talente
Doch oft passiert das Gegenteil: Junge Talente entwickeln Ideen, die dann an erfahrene Kollegen übergeben werden. Ein Nachwuchsmitarbeiter einer großen Kommunikationsagentur berichtete anonym, dass er eine erfolgreiche Charity-Kampagne mit prominenter Unterstützung konzipierte – doch die Umsetzung wurde einem Senior überlassen. Frustriert verließ er später das Unternehmen.
Andere hatten mehr Glück. Eloise Skinner schrieb 2015 als junge Anwältin den „Junior Lawyers’ Handbook“, einen Karriereratgeber für Juristen. Mit Unterstützung ihres Vorgesetzten wurde das Buch schließlich von der britischen Anwaltsorganisation veröffentlicht – ein Karrieresprungbrett für Skinner, die heute Buchautorin und Psychotherapeutin ist.
Paul Bellezza, der als Praktikant einst League of Legends mitentwickelte, ist heute Executive Producer bei Riot Games. „Dass das Spiel ein weltweites Phänomen wurde, ist ein Traum.“ Ein Traum, der zeigt, dass Unternehmen langfristig profitieren, wenn sie den kreativen Beitrag ihrer Nachwuchskräfte anerkennen.