Nachhaltigkeit in Unternehmen: Zwei Drittel reagieren auf Druck von außen

© Sopra Steria SE
Wirtschaft und öffentliche Verwaltung lassen sich bei ESG-Maßnahmen vorrangig von externen Faktoren treiben. 66 Prozent der Unternehmen und Behörden in Deutschland investieren in Ethik und Nachhaltigkeit vorrangig aufgrund gesellschaftlicher Entwicklungen. Jede zweite Organisation will attraktiver für Fachkräfte werden, 45 Prozent reagieren auf Kundenerwartungen. Intrinsische Motive wie im Geschäftsmodell verankerte Werte sind seltener Treiber für Nachhaltigkeitsaktivitäten. Sie gewinnen allerdings an Bedeutung. Das zeigt die Studie Managementkompass Survey Good Company von Sopra Steria. Für die Befragung von 371 Entscheiderinnen und Entscheidern wurden regulatorische Vorgaben als Antriebsfaktoren bewusst ausgeklammert.

Ökologische, soziale und unternehmensethische Prinzipien (ESG) gewinnen an Bedeutung für Unternehmen und Verwaltung – auch abseits von Regulierungsvorschriften wie dem AI Act und dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Für 60 Prozent der Unternehmen und Behörden sind ethische Prinzipien für strategische Entscheidungen heute wichtiger als vor zehn Jahren. Ein Paradigmenwechsel im Managementhandeln ist allerdings nicht in Sicht: Nur 37 Prozent der Befragten sehen eine grundlegende Neuausrichtung der Unternehmenssteuerung und eine Orientierung an Langfristzielen. Dazu zählen beispielsweise langfristige Partnerschaften mit Lieferanten und das bewusste Zahlen höherer Einkaufspreise, um die Kaufkraft in Zukunftsmärkten zu steigern.

“Unternehmen und Behörden sind in puncto Nachhaltigkeit und Ethik größtenteils noch Getriebene, anstatt ESG-Maßnahmen mit den geschäftlichen Zielen oder ihren hoheitlichen Aufgaben zu verzahnen”, sagt Frédéric Munch, Vorstand von Sopra Steria. “Das ist nicht verwunderlich, denn Gewinnmaximierung, Effizienz und das Erschließen von Märkten dominieren seit Jahrzehnten und länger das wirtschaftliche Handeln”, so Munch.

Die Studienergebnisse deuten allerdings auf einen gewissen Bewusstseinswandel hin. 56 Prozent der Befragten sehen einen positiven Effekt nachhaltigen Handelns auf Umsatz und Gewinn. Die Unterstützer dieser These haben jedoch die Erkenntnis oft noch nicht in ihrer Organisation umgesetzt. Nur 15 Prozent der Befragten treiben signifikante Kostenvorteile an, wenn sie in ökologische, sozial oder unternehmerische Nachhaltigkeit investieren. Zehn Prozent handeln nachhaltig, weil eine “Good Company”-Strategie Unternehmen und Verwaltungen produktiver macht, so die Studie.

“Good-Company-Geschäftsmodelle sind so konzipiert, dass durch verantwortungsvolles Handeln ein geschäftlicher Mehrwert entsteht und nicht trotz dieses Handelns. Dafür ist es wichtig, die Folgekosten eines weniger tugendhaften Verhaltens zu internalisieren oder positiv ausgedrückt: Es geht darum “gute Prinzipien” in betriebswirtschaftliche Erfolgskennzahlen zu übersetzen”, sagt Frédéric Munch.

Jedes fünfte Unternehmen setzt soziale Kennzahlen als Zielwerte ein

Das operative Umdenken bereitet vielen Unternehmen und Verwaltungen Kopfzerbrechen. Jedes vierte Unternehmen führt fehlende ESG-Maßnahmen, die über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehen, auf fehlende Kennzahlen und deren Messbarkeit zurück. Ebenso viele nennen organisatorische Hürden, beispielsweise ein fehlendes Aufgabengebiet für das Nachhaltigkeitscontrolling.

Ein funktionierendes Monitoring schafft beispielsweise die nötige Transparenz, um CO2-Ziele zu erreichen, das pünktliche Bezahlen von Rechnungen zu gewährleisten oder Lieferketten zu kontrollieren. 25 Prozent der Befragten beklagen zudem Schwierigkeiten beim Finden zertifizierter Lieferanten. Viele Einkäufer wissen zum Beispiel nicht, in welchem Umfang fair-produzierte Waren in ihrer Lieferung stecken.

“Die technologischen Möglichkeiten für Transparenz und Open-Supply-Chains gibt es. Das würde die Glaubwürdigkeit erhöhen, und Unternehmen würden stärker aus intrinsischen Motiven investieren. Wem es auf breiter Strecke gelingt, Digitalisierung für die Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien zu nutzen, wird Profitabilitätsziele und tugendhaftes Verhalten nicht gegeneinander ausspielen und sich Wettbewerbsvorteile verschaffen”, sagt Sopra-Steria-Vorstand Frédéric Munch.

Über die Studie

Die Studienreihe Managementkompass Survey erscheint dreimal pro Jahr. Für diese Ausgabe zum Thema “Good Company” wurden 371 Entscheiderinnen und Entscheider aus Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung in Deutschland befragt. F.A.Z. Business Media | research befragte die Teilnehmenden darüber, wie stark ethische Grundsätze sowie ökologische, soziale und unternehmerische Verantwortung in den Strategien und Maßnahmen verankert sind. Die Studie wurde im September 2023 im Auftrag des F.A.Z.-Instituts und Sopra Steria online durchgeführt.

Die Ergebnisse finden Sie auf dieser Webseite.

You May Also Like
Weiterlesen

Absturz der Preise: Erbschaftssteuer spült Immobilien auf den Markt?

Aufgrund einer weitreichenden Änderung im Jahressteuergesetz wird sowohl das Schenken als auch das Erben ab 2023 teurer. Dieser Umstand könnte viele Menschen dazu veranlassen, teure Erbschaften wie Immobilien zu veräußern. Doch inwieweit wirken sich die Gesetzesänderungen im nächsten Jahr wirklich auf den Immobilienmarkt aus?
Weiterlesen
Weiterlesen

Mehr Milliardäre als jemals zuvor: manager magazin veröffentlicht Liste der reichsten Deutschen 2024

Mit einem geschätzten Vermögen von 43,7 Milliarden Euro ist Lidl-Gründer Dieter Schwarz (85) der reichste Deutsche. Schwarz verdrängt damit die BMW-Großaktionäre Susanne Klatten (62) und Stefan Quandt (58) auf Rang 2 in der Reichstenliste des manager magazins. Auf Platz 3 rangiert mit einem geschätzten Vermögen von 33,8 Milliarden Euro wie im Vorjahr die Familie Merck, der die Mehrheit am gleichnamigen Pharma- und Chemiekonzern gehört.
Weiterlesen
Weiterlesen

Die Kunst der Kaufentscheidung Der Einfluss von Werbung auf das Gedächtnis der Konsumenten

Die Qual der Wahl. Noch nie mussten die Menschen so viele Entscheidungen treffen wie heute. Die vielen Möglichkeiten machen uns das Leben schwer. Etwa alle drei Sekunden steht eine Entscheidung an. Viele davon sind Kaufentscheidungen. Kein Wunder also, dass unser Kopf als Schutz vor Überforderung bei vermeintlich unwichtigen Entscheidungen auf Autopilot stellt.
Weiterlesen
Weiterlesen

Unternehmen müssen sich branchenübergreifend neu ausrichten: Bain baut Turnaround-Expertise weiter aus

Dysfunktionale Lieferketten, drohende Energieknappheit, hohe Inflation und steigende Zinsen setzen Unternehmen in allen Branchen massiv unter Druck. Gleichzeitig gilt es, die Digitalisierung weiter voranzutreiben und vorgegebene Emissionsziele zu erreichen. Um die Firmen bei der erforderlichen Neuausrichtung ihrer Geschäftsmodelle zu unterstützen und sie in existenzbedrohenden Krisen zu stabilisieren, erweitert die internationale Unternehmensberatung Bain & Company einmal mehr ihre fachliche und personelle Expertise in den Bereichen Turnaround und Transformation.
Weiterlesen
Weiterlesen

d-fine mit klarer Wachstumsprognose für 2023: Mehr als 200 neue Stellen und Inflationsausgleichsprämie in voller Höhe

Um die weiterhin steigende Nachfrage am Markt zu bedienen, plant die in Frankfurt ansässige, europaweit tätige Unternehmensberatung d-fine für 2023 alleine in Deutschland mehr als 200 neue Stellen. Zielgruppe sind insbesondere Hochschulabsolventinnen und -absolventen naturwissenschaftlicher, mathematischer und technischer Studiengänge.
Weiterlesen